Home Boxen allgemein Faustkämfer aus Köln-Kalk – Das Vermächtnis des Fred Sauers

Faustkämfer aus Köln-Kalk – Das Vermächtnis des Fred Sauers

Alfred "Fred" oder "Adi" Sauer war die prägende Figur der Faustkämpfer Köln-Kalk

by Wolfgang Wycisk

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Die Boxer der FK Kalk

Die Boxer des Kalk

Die Faustkämpfer Köln-Kalk 1951 e.V. haben große Erfolge, aber auch Zeiten großer Krisen durchlebt. Doch wie heißt ein Kölner Grundgesetz? Et hätt noch emmer joot jejange. Genauso wie bei den Faustkämpfern.

Gründerväter hat der Verein viele. Heinz Abels zum Beispiel oder die Schultes- und die Sauer-Brüder.

Alfred “Fred” oder “Adi” Sauer war die prägende Figur der Faustkämpfer Köln-Kalk. Von der Gründung am 14. Dezember 1951 bis kurz vor seinem Tod am 5. Dezember 2010 stand er seinem Verein zur Verfügung. Zuerst als Boxer, danach als Trainer, bis er schließlich als Präsident die Geschicke des Vereins selbst lenkte. Das Kölner Original hat die Faustkämpfer Köln-Kalk zu einer Legende der links und rechtsrheinischen Boxkultur geprägt. Sauer war in seinem Veedel (Stadtteil) Synonym für gelungene Integration durch Sport. 1996 erhielt er für sein Lebenswerk das Bundesverdienstkreuz. In Kalk wurde posthum ein Platz nach ihm benannt, der Fred-Sauer-Platz.

Fred Sauer Türkenvater

Liebevoll und mit Ehrfurcht nannte man ihn „Türkenvater“. Die Zusammenarbeit zwischen ihm und seinem Freund, Ali Cakir, dürfte hierfür Vorschub geleistet haben. Cakir kam nach dem Militärputsch 1980 aus der Türkei in die Rheinmetropole. Der türkische Nationaltrainer betreute als Sozialberater Jugendliche im Quäker‑Nachbarschaftsheim und integrierte das Boxen in den Tagesplan. 100 Jugendliche zwischen zehn und 27 Jahren teilten sich in mehreren Gruppen einen 80 Quadratmeter großen Raum, in dem 2 Sandsäcke von der Decke baumelten. Die, die durchhielten, meldete Cakir bei den Faustkämpfen an. Jetzt übernahm Sauer das Training der Pänz. (Kinder)

Große Talente

Unter den angehenden Boxern waren große Talente. Die vier Aksu-Brüder zum Beispiel. Ahmed, Ali, Hakan und Mehmet. Sie räumten ab, was abzuräumen war. – Die deutschen Meisterschaften blieben ihnen wegen ihrer fehlenden deutschen Staatsangehörigkeit verwehrt. Unvergesslich ist das legendäre, fast irrsinnige Gefecht um die türkische Meisterschaft zwischen Hakan Aksu und dem Bullen vom Bosporus, Sinan Samil Sam.

Mehmed Hendem kam ebenfalls über die “Quäkerschleife” zu den Faustkämpfern. Mehmet war mehrfacher Westdeutscher-Meister, nahm an den großen internationalen Turnieren teil und boxte für Leverkusen in der Bundesliga. Als Profi wurde er Internationaler Deutscher Meister im Cruiser. Er war vierfacher türkischer Meister.
Als Sportwart ist Mehmet jetzt für den Nachwuchs, die Freizeitboxer, Leistungssportler und Frauengruppen verantwortlich. Unterstützt wird er bei seiner Arbeit von zehn Trainern, wobei Michael Kröll, Janek Goman, Thomas Tiegelkamp und Devran Kizilkayali gemeinsam mit ihm die Top-Boxer ausbilden.

Ali Cakir ging zurück in seine Heimat und Fred Sauer ist nicht mehr unter uns

Trotzdem, am Neptunplatz in Köln Ehrenfeld ist ihr Erbe allgegenwärtig. Sechsmal die Woche brummt es hier. Dann könnte man meinen, dass im Haus mit der Nummer 21, ein ALDI wäre, der schicke iPhones zum Kampfpreis anbieten würde. Aber statt eines Discounters sind hier die Sportler der Faustkämpfer Köln-Kalk 1951 e.V. untergebracht, denn zwischenzeitlich hat der Verein seinen Sitz von Kalk nach Ehrenfeld verlagert. In der Trainingshalle schmückt eine mächtige Porträtzeichnung Sauers die Wand hinter dem Boxring.
Im alten Veedel Kalk wird weiterhin zweimal die Woche trainiert.

v.l: Mesut Sakar, Mehmed Hendem, Fikrye Killic, Hakan Aksu, Ali Cicek,

v.l: Mesut Sakar, Mehmed Hendem, Fikrye Killic, Hakan Aksu, Ali Cicek

„550 Mitglieder zählt der Verein“, sagt Mesut Sakar, der 1. Vorsitzende der Faustkämpfer. Auf Wikipedia ist nachzulesen, dass sie aus 17 Nationen kämen. Das bezweifelt Mesut, der als Qualitätsingenieur bei den Ford-Werken arbeitet: „Mittlerweile müssten es über 20 sein.“
Sportler aus mehr als 20 Nationen zur gleichen Zeit auf knappen Raum! Man könnte meinen, dass sich dadurch im Training ein enormes Spannungsfeld aufbauen müsste. Doch das ist nicht so.
Mehmet Aksu, Mesuts Vorstandskollege, erklärte einmal in einem ARD-Interview warum: „Unsere Tür ist für jedermann offen, auch für jede Frau. Jeder der zu uns in die Halle kommt, ist herzlich willkommen, solange er seine Nationalität und seine Religion draußen lässt.“
Auch für das Verhalten außerhalb der Sporthalle gibt es Regeln. “Wer sich prügelt, fliegt raus.” An den sozialen Brennpunkten Kalk und Ehrenfeld ist es für Jungs nicht immer einfach, sich von Schlägereien fernzuhalten. Doch die, die zu den Faustkämpfern gehören, tun es. Ihr Verein ist zugleich ihre Familie und Hinausfliegen wäre die Höchststrafe.

Verhaltensregeln wie diese hat der Verein in einem Ehrenkodex festgeschrieben, sogar bevor der Deutsche Boxsportverband über Verhaltensregeln und Compliance Richtlinien aufgestellt hatte.

Vorstandschef Mesut ist unermüdlich, um Klischees aus den Köpfen vieler Menschen zu verbannen. Zum Beispiel, dass muslimische Frauen unmündig seien und das die Sportlerinnen abgeschottet in der Tradition ihrer Heimatländer leben.

Erfolgreiche Boxerinnen

Die Erfolge der Faustkämpferinnen sprechen eine andere Sprache. Hülya Sahin zum Beispiel war mehrfache türkische Championesse, Europacup-Siegerin, Europa- und Weltmeisterin. Später wechselte sie zu den Profis und wurde Titelträgerin der WIBF. Oder Fikrye Killic. Sie war türkische Meisterin. Parallel zu ihrer Leidenschaft, dem Boxen, absolvierte sie ein Masterstudium. Heute arbeitet Fikrye für die finnische Botschaft und lebt in New York. Später kamen Gülay Killic und Heike Gehlen hinzu, die medaillenbehangen von Meisterschaften zurückkehrten.

Warum boxten Hülya und Fikrye für die Türkei und nicht für Deutschland? Die Antwort ist simpel: Zu ihrer aktiven Zeit hatte der deutsche Boxverband das Frauenboxen noch nicht im Programm. Die Türkei schon.

Kalker unter Deutschlands Besten

 

Cologne Wolrd Cup - Salah Ibrahim besiegt Kuba

Cologne Wolrd Cup – Salah Ibrahim besiegt Kuba

Christopher und Joliano Goman sowie Salah Ibrahim gehören zu denen, die Titel sammeln, wie andere Panini-Fußballbilder. Nicht zu vergessen ist Salah Ibrahim. Der Colgne Cup Sieger ist einer der heftigsten Kandidaten für eine Olympiatheilnahme.

Bei der Vorstandsarbeit kann sich Präses Mesut auf ein Kompetenz-Team verlassen. Für die sportliche Ausbildung baut er auf die Erfahrungen des Sportwarts und der Trainer. Die Erfolge sind beachtlich und reißen nicht ab. 2018 gewannen Sahik Bostan und Enrico Kliesch Bronze bei der Europameisterschaft. Jetzt gehören Christopher und Joliano Goman zu denen, die Titel sammeln, wie andere Panini-Fußballbilder. Nicht zu vergessen ist Salah Ibrahim. Der Colgne Cup Sieger ist einer der heftigsten Kandidaten für eine Olympiateilnahme.

Doch “Kids for Future”, hat für ihn Priorität. “Kids for Future” ist ein Sport- und Beratungskonzept für zehn bis 27-jährige. Mehmet Hendem, Mehmet Aksu sowie Förderschullehrerin und BDB-Kampfrichterin Daniela Otten riefen 2008 „Kids for Future“ ins Leben. Es dient der Förderung von Kindern und jungen Menschen aus den Kölner Brennpunkten und bietet individuelle Beratung und Betreuung an. “Kids for Future” wurde bereits mit mehreren Förderpreisen ausgezeichnet.
Mesut: “Weg von der Straße, rein in den Box-Club ist kein Slogan. Es ist eine Mission. Viele von denen, die wir von der Straße geholt haben, leisten heute ihren Beitrag in der Gesellschaft. Als Steuerberater oder als Elektriker. Ein Mädchen ist Tierarzthelferin geworden und derzeit haben wir einen Studenten der Physik dabei.
Mesut möchte “Kids for Future” auf die nächste Ebene heben. Dafür sucht er Unternehmen, die ihn und „Kids for Future” durch Ausbildungsplätze unterstützen. Und das wird ihm gelingen.

 

Faustkämpfer Köln-Kalk 1951 e.V

Präsident: Mesut Sakar

Sitz: Neptunplatz 21, 50823 Köln-Ehrenfeld

Internet: www.faustkaempfer-koeln-kalk.de

Kontakt: Mesut Sakar, 0177 2882390

Mitglieder: +550 aus 23 Nationen

Bekannte Boxer:

Frauen: Fikrye Killic, Hülya Sahin, Gülay Killic, Heike Gehlen, Sahik Bostan

Männer: Jupp Elze, Ali Aksu, Hakan Aksu, Mehmet Aksu, Ahmet Aksu, Alexander Loidl, Cengiz Yilmaz, Robert Soda-Cotic, Kalli Bulduk, Samir Chamoun, Jony Chamoun, Kashif Butt, Thomas Vahrenholt, Stefan Worth, René Krause, Mehmet Hendem, Petrit Dobroshi, Taylan Demirel, Yakup Baktikar, Harun Cakmak,  Enrico Kliesch, Christopher Goman Salah Ibrahim

Verdiente Persönlichkeiten: Alfred „Fred“ Sauer, Ali Cakir

Die Initiative „Kids for Future“ wurde mit dem Kölner Ehrenamtspreis und dem rheinischen Integrationspreis der Rheinland Provinzial Stiftung ausgezeichnet.

 

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