Home Boxen allgemein Eigentlich wollte ich nur so gut wie mein Bruder werden

Eigentlich wollte ich nur so gut wie mein Bruder werden

by Wolfgang Wycisk

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Profiboxer Fabian Thiemke im Interview

Pressemitteilung: AGON Sports // Foto: Freitag

Fabian Thiemkes Weg als Boxer war vorgezeichnet. Sein großer Bruder Dominik wurde als Amateur Deutscher Meister und Vize-Europameister. Dem wollte der Berliner nacheifern. Mit Erfolg.

Fabian galt als Shooting Star im deutschen Amateur-Boxsport, als einer mit herausragenden Zukunftschancen.
Doch wegen Differenzen mit der Verbandsführung wechselte er 18jährig zu den Berufsboxern und unterschrieb einen Vertrag bei AGON Sports & Events, einem der erfolgreichsten Profiställe Deutschlands.
Ein Gespräch über Corona, Kochen, Karriere und MontanaBlack:

Fabian, du hast mit dem Boxen bei Lichtenberg 47 angefangen

Das stimmt. Zuerst war Dominik da. Als kleiner Bruder wollte ich ihm schon immer nacheifern. Er hatte mich zum Training mitgenommen und ich habe einen Schnupperkurs gemacht. Anfangs hat mir das Boxen gar nicht gefallen. So zwei Monate später meinte Dominik, dass ich es ruhig noch einmal versuchen sollte. Ab da war Boxen Teil meines Lebens.

Dominik war ein starker Boxer. Er hatte viele Medaillen bei internationalen Turnieren und deutschen Meisterschaften gewonnen. Sein größter Erfolg war die Silbermedaille bei den Europameisterschaften.

Immerhin hast Du ihn überflügelt

Was die Titel angeht, ja. Bei den Amateuren war ich 2014 und 2016 Europameister. Ansonsten ist und bleibt Dominik immer mein großer Bruder und mein Vorbild.

Bei den 47ern gab es einen weiteren promintenten Boxer

Stefan Härtel, ein feiner Mensch und eine Bombe im Ring. Herr Härtel, also Stefans Vater, war mein Trainer. Von ihm habe ich die Boxschule gelernt. Ich habe Stefan nicht so oft gesehen. Das lag an unserem Altersunterschied. Während er am Berliner Verbandsstützpunkt trainierte, besuchte ich noch das Schul- und Leistungssportzentrum in Hohenschönhausen.

Aber bei den Weihnachtsfeiern, da waren wir immer zusammen.

Ulli Wegner bezeichnete dich als das größte deutsche Box-Talent seit Jahren. Von deinen Anlagen her stehst du für ihn in einer Reihe mit Henry Maske und Sven Ottke

Es hat mich unsagbar stolz gemacht, dass eine Legende wie Ulli Wegner so etwas über mich gesagt hat. Früher durfte ich mit meinen Eltern die Boxkämpfe von Henry Maske und Sven Ottke schauen. Da wurde mir klar: Wow, wenn du tolles Boxen gegen die besten der Welt zeigen kannst, dann ist die Gewichtsklasse, in der du boxt,  grad mal egal.

Es heißt ja, dass die populärste Gewichtsklasse das Schwergewicht ist

Ich habe gelernt, dass die populären Gewichtsklassen die sind, in der hervorragendes Boxen von jemanden gezeigt wird, mit dem sich die Fans identifizieren können. In Deutschland waren es solche Kämpfer wie zum Beispiel Henry Maske, Sven Ottke, Rocky oder die Klitschkos. Ich hoffe, dass ich irgendwann in ihre Fußstapfen treten werde.

Irgendwann?

In vier bis fünf Jahren sollte ich soweit sein.

Das große Geld verdient man im Schwergewicht

Für das Schwergewicht bin ich vermutlich zu klein. Aber noch einmal, wenn es mir gelänge, so populär zu werden, wie Maske, Ottke, Rocky oder die Klitschkos, dann würde ich auch mein Auskommen haben.

Was sind deine Stärken?

Boxerisch sind es meine langen, geraden Hände. Die können bei meiner, für das Halbschwergewicht überdurchschnittlichen Größe kampfentscheidend sein.

Darüber hinaus würde ich mich als diszipliniert bezeichnen, jemand der Sachen bis zum Ende durchzieht.

Was bedeutet Disziplin für dich?

Ich zeige Disziplin wenn ich einer Versuchung widerstehen muss. Zum Beispiel Apfel statt Schoko, wenn es um die Ernährung und das Gewichtmachen geht. Oder die Extrarunde Sparring, obwohl jede Faser im Körper brennt und die Lunge kurz vorm Platzen steht. Für mich gibt es in solchen Situationen kein Aufgeben, höchstens tot umfallen.
Ich bin überzeugt, dass ich mich mit meiner Disziplin Schritt für Schritt den großen Kämpfen nähern werde, denn nur so kann ich immer besser werden.
Hin und wieder ermahnt mich Herr Stachewicz (AGON Headcoach), dass ich mich zurücknehmen soll. Damit hat er sicherlich auch recht. Irgendwie muss ich die Waage finden.

Übrigens bin ich über das Abnehmen und das Gewichtmachen zu einem meiner Hobbies gekommen, dem Kochen.

Jemand hat einmal zu mir gesagt, dass er kochen könne. Er hätte nur ein Problem, es würde nicht schmecken

Also ich war das nicht. Wenn ich am Herd stehe, sind mir zwei Dinge wichtig. Es muss gesund sein und schmecken.

Deshalb habe ich mir auch Kochbücher mit tollen Rezepten gekauft. Wenn ich für das Essen einkaufen gehe, dann achte ich auf Qualität. Möglichst viel Bio und keine Chemie.

Hast du in diesen Corona-Zeiten neue Seiten an dir entdeckt?

Durch das Kochen kann ich meiner Mutter ein wenig Arbeit abnehmen. Meine Mutter ist Altenpflegerin. Das ist ein harter Beruf, aber durch die Corona-Epidemie ist er brutal geworden. Überstunden, Extraschichten und dann noch der Haushalt. Natürlich packen wir daheim alle mit an, aber das ich jetzt das Kochen übernommen habe, ist eine Erleichterung für sie.

Corona ist ein hässlicher Begleiter

Deshalb verstehe ich nicht, dass es immer noch Leute gibt, die mit idiotischen Verschwörungstheorien von der eigentlichen Gefährlichkeit dieser Krankheit ablenken wollen. Das Internet ist voll mit solchem Geschwafel.

Statt so einen Mist zu verbreiten, sollten sie besser mit den Menschen auf der ganzen Welt zusammenstehen, um diese Krise zu meistern. Wir in Deutschland machen das toll und wenn wir weiter so diszipliniert die Regeln befolgen, dann haben wir sehr gute Chancen, Corona bei uns schon demnächst zu besiegen.

Wegen Corona musste AGON die für den 21. März geplante Boxveranstaltung absagen

Ich weiß, dass Herr Volckmann (CEO AGON) und unser Management alles gegeben haben, damit die Kämpfe doch noch hätten stattfinden können. Herr Volckmann war sogar bereit, die Veranstaltung von Wuppertal in unser Gym nach Berlin zu verlegen und ohne Zuschauer nur im Livestream zu zeigen.

Als klar wurde, dass wir auch in Berlin nicht veranstalten konnten, war jeder im Team am Boden zerstört. Das Management, unser Trainer und wir Boxer auch. Aber die Gesundheit geht nun einmal vor.
Ich hatte mich in der Vorbereitung für den Kampf richtig gequält, unzählige Sparringsrunden gedreht und fünf Kilo abgekocht. Ich war topfit und hätte meinen zweiten Sechsrunder geboxt.

AGONs Boxer dürfen seit Montag wieder gemeinsam trainieren.

Ich bin glücklich endlich wieder mit den anderen trainieren zu dürfen, sie überhaupt zu sehen. Es ist ein Schritt zurück zur Normalität.
Das Training zu Hause war monoton, obwohl zwei Einheiten täglich auf dem Plan standen. Aber das Training im Gym ist im Vergleich dazu unschlagbar.

Hast du neben dem Kochen noch weitere Hobbies?

Ich lese gerne über Themen, die mich interessieren. Zurzeit ist das die Wirtschaft und der Aktienmarkt. Dann noch die Playstation. Ich hoffe, ich mache mir jetzt keine Feinde, aber „Call of Duty“ finde ich cool.

Die unabhängige Weltrangliste Boxrec gibt an, dass im Halbschwergewicht die drei Weltbesten aus Russland kommen.

Sergey Kovalev, Artur Beterbiev und Dmitry Bivol. Alles Top Männer. Sie waren gute Amateure, verfügen über eine erstklassige Boxausbildung und haben jetzt ein gutes Management. Aber das wichtigste, sie verfügen über die eiserne Disziplin, die nötig war, um sich an die Weltspitze zu boxen.
Ich war als Amateur zweifacher Europameister, habe ebenfalls eine gute Boxschule durchlaufen und mit AGON eines der besten Managements in Deutschland. Über meine Disziplin haben wir gesprochen. Ich habe die gleichen Voraussetzungen wie die drei Weltbesten. Warum sollte ich es nicht auch an die Spitze schaffen?

Gegen wen würdest du gerne einmal antreten?

Als ich jünger war, waren Wladimir und Vitali Klitschko meine absoluten Lieblingsgegner. Natürlich sind sie nicht meine Gewichtsklasse, aber sie sind coole und sympathische Menschen. Mir ging es gar nicht um Sieg und Niederlage, vielmehr wollte ich wissen, wie es sich anfühlt, wenn man mit solchen Legenden im Ring steht.
Ich habe einmal eine Dokumentation über die Klitschkos gesehen. Die war krass. Ich würde sie gerne einmal kennenlernen.

Und dann würde ich gerne MontanaBlack challengen.

MontanaBlack? Nie gehört. Kommt er aus Montana? Auf alle Fälle ist sein Kampfname mal was anderes

MontanaBlack ist ein Youtuber mit fast 2,5 Millionen Abonnenten, ein Megastar. Eigentlich heißt er Marcel Eris und kommt aus Buxtehude. Gegen ihn würde ich gerne mal Call of Duty spielen.

Vielen Dank für das Gespräch, Fabian

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