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Dr. Strickrodt: TV Sender könnten Lücken mit großartigen Boxkämpfen füllen

by Wolfgang Wycisk

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Dr. Horst-Peter Strickroth

Schon vor der Corona-Pandemie befand sich das deutsche Berufsboxen im Krisenmodus. Sinkendes Zuschauerinteresse und damit einhergehend fehlende Einnahmen durch Fernsehverträge, Sponsorengelder sowie Ticketverkäufe sind die wirtschaftlichen Probleme, mit denen die Profiställe zu kämpfen haben, der Abriss von der Weltspitze die sportlichen. Covid-19 und der Shutdown der Gyms und Events hat die Situation um ein Vielfaches verschärft. Die finanziellen Spielräume sind für Boxer und Boxställe ausgereizt.. Birgt Corona dennoch eine Chance oder ist sie der endgültige Knockout für den Boxsport?
Im Interview bezieht Dr. Horst-Peter Strickrodt, Rechtsanwalt und Teammanager des Berliner Profistalls AGON Sports & Events, Stellung.

Dr. Strickrodt, seit dem 27. April sind AGONs Boxer in ihr Berliner Gym zurückgekehrt. Wie lautet ein Fazit?

AGON ist es gelungen, zum passenden Zeitpunkt den Senat von Berlin davon zu überzeugen, dass mit Aufmerksamkeit, Umsicht und Professionalität auch unter schwierigen  Bedingungen ein qualifiziertes Training von Berufssportlern möglich und erforderlich ist. Ohne Training gehen Profisportler gleich mehrere gesundheitliche Risiken ein. Der Körper und die Psyche stehen seit Jahren unter adaptiven leistungsorientierten Belastungen. Ein Herunterfahren auf null ist da eine akute Gefahr für Körper und Geist. Und im Weiteren müssen auch Berufssportler ihre Miete und ihr Leben finanzieren! Das machen sie halt durch und mit dem Sport. Dies uneingeschränkt zu behindern, bedeutet, deren Existenz zu gefährden.

Training in Kleingruppen bis 4 Athleten, stringente Abstandsregelung, sorgfältigste Hygiene und laufende Symptomtests sind allesamt Maßnahmen, die einen angepassten Regelbetrieb eines Berufssportlers ermöglichen sollten. Seit dem 27. April sind die Boxer wieder im Training und sie sind froh darüber! Allein durch Training lässt sich allerdings kein Geld verdienen und die Motivation eines Spitzensportlers richtet sich nach seinen Leistungszielen. Ohne Wettkämpfe wird der Leistungssport seine Sinnhaftigkeit verlieren! Wer geht schon 40 Stunden pro Woche zur Arbeit ohne Vergütung und/oder Anerkennung?

Steht Sparring auch auf dem Programm?

Sparring steht vorerst nicht auf dem Programm. Auch wenn ein Zweikampfsport wie Boxen wettkampfnah nur mittels Sparring möglich ist, müssen wir uns an die aktuellen Regeln halten. Allerdings kommen wir im Rahmen einer schrittweisen Wiederherstellung des Normalbetriebes irgendwann auch nicht um Sparring herum. Fußball ohne Zweikämpfe und Freistöße ohne Mauer wären wie „Ringelpietz ohne Anfassen“!

Wie schützt AGON, die Gesundheit seiner Boxer?

Wir haben dem Senat Berlin ein sehr komplexes Kompendium über Trainingsbetrieb und Schutzmechanismen vorgelegt, das ohne Wenn und Aber akzeptiert wurde. Dabei sind wir realistisch und lebensnah geblieben. Wenn andere Sportarten versuchen, mit Scheinszenarien Sicherheit für Sportler und Betreuer vorzutäuschen, kann und wird das nicht der Sache gerecht. Jeden Sportler bezüglich einer SARS-CoV-2 Infektion zu testen ist weder vertretbar noch notwendig. Tests sollten Risikopersonen und wirklich Betroffenen vorbehalten sein.

Ich habe für verschiedene Sportarten und Institutionen entsprechende Konzepte verfasst und erfolgreich umsetzen können. Das ist mein Job als Sportrechtler. Allerdings bin ich der Meinung, dass alle Maßnahmen auch ihre Grenzen haben und zwar da, wo Sinn und Zweck sowie Verhältnismäßigkeit überschritten sind. Die Behörden haben in diesen Fragen ein sehr aufgeschlossenes Verständnis!

Sie haben die Ausnahmegenehmigung beim Berliner Senat für Inneres und Sport „durchgeboxt“. Rechtfertigt der dafür investierte Aufwand den Nutzen?

Es ging um Existenzen und die Gesundheit der Athleten! Da rechtfertigt sich jeder Aufwand! Viele Boxer stehen noch am Anfang ihrer Karriere. Ihr Einkommen beziehen sie aus den absolvierten Kämpfen. Sie nicht hängen zu lassen, hatte oberste Priorität bei Ingo Volckmann. Er hat sich persönlich um jeden Einzelnen gekümmert. Ich habe den Boxern geholfen, die wirtschaftlichen Lücken zu überbrücken und AGON wollte und will seinem Team nach Möglichkeit immer die optimalsten Bedingungen bieten. Da scheuen weder Ingo Volckmann Kosten und ich Zeit und Aufwand!

Im Moment hat jedes Bundesland seine eigenen Regeln für das Training von Berufssportlern beschlossen. Was in Berlin machbar ist, muss noch lange nicht in Hamburg und Sachsen-Anhalt gelten.

Föderalismus kann ein Fluch sein! Das ist allerdings der Historie Deutschlands geschuldet. Bildung ist da das beste Beispiel! Ich denke, dass es gerade in diesem Bereich, besonders nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie, entweder eine Änderung des Grundgesetzes oder eine eindeutige Richtlinienkompetenz des Bundes geben muss.

Thomas Pütz, Präsident des Bund deutscher Berufsboxer BDB, sagte der „tz“ München, dass er wegen der Pandemie und die daraus resultierenden Veranstaltungsverbote ein tiefes Loch in die Kassen der Promoter reißen würde. Er fürchte sogar Insolvenzen.

Ich habe das Interview nicht gelesen. Die Grundaussage ist wie in allen Branchen gleich: Wenn  nicht schnell staatliche Hilfe kommt, sind wir Pleite! Das ist zu kurz gedacht und zeigt aber auch, dass Innovationspotential, Gründergeist und engagiertes Unternehmertum etwas auf der Strecke geblieben sind, auch im Sport, mit Ausnahme des Fußballs! AGON hat diese Zeit sehr effizient genutzt. Es wurden Konzepte für die Erstellung einer eigenen Veranstaltungsstätte erstellt, Partnerschaften verhandelt und neue Marketingstrategien verprobt. Ich habe mehrere Start-ups in den letzten 8 Wochen juristisch begleitet, die genau in diesen Zeiten Chancen gesehen und genutzt haben und zwar mit Mut, Einsatzbereitschaft und natürlich harter Arbeit! Am Ende ist jeder Unternehmer für seine Pleite selbst verantwortlich. Die Gründe und Fehler bei anderen zu suchen, ist einfach aber auch bezeichnend. Auf einen bösen Markt gehört ein guter Mut!

Die Fußballer planen Geisterspiele, die Handballer nicht. Was werden die Boxer tun?

Profiboxen tickt anders als Fußball und Handball. Profiboxen ist multilateral und hat seit Jahrzehnten dem „Ein-Platz-System“ (Anm. Es gibt nur einen Verband pro Sportart) den Rücken gekehrt. Das wurde immer kritisiert und belächelt. Jetzt macht es ein Stück weit die Stärke des Boxsports aus. Berufsboxen ist eben Wettbewerb nicht nur der Athleten, sondern auch der Verbände und Veranstalter. Aus Wettbewerb entsteht Innovation. Konkurrenz belebt das Geschäft. Wenn der Fußball in Deutschland wieder rollt,  werden in Kürze die ersten Boxkämpfe auch in Deutschland stattfinden. Die deutschen TV-Anbieter haben große Lücken in ihren Sendeplänen im Sommer 2020. Die Fußball-EM und die Olympischen Spiele sind verlegt. Diese Lücken müssen sie für ihre Zuschauer schließen. Was bietet sich da besser an, als großartige Boxkämpfe zu zeigen? Vielleicht halten sich die öffentlich-rechtlichen TV-Anbieter zurück und zeigen alte Fußballspiele aus vergangener Zeit? Das wird aber, denke ich, den Zuschauern  nicht besonders gefallen und könnte zu einer Flucht zu den neuartigen Streamingdiensten wie DAZN, BILD plus usw. führen. Auch das TV-Geschäft folgt eben den Marktgesetzen!

Wie halten Sie sich zurzeit fit , haben Sie da Tipps?

Ich bin auch Vereinsmensch, Trainer und Vorsitzender des Boxclub Gütersloh, einem Amateurverein. Unser kleiner Verein dreht wöchentlich zwei Trainingsvideos in Echtzeit und postet sie auf Youtube. Das bedeutet, dass zwischen 60 und 90 Minuten  im Video Trainingsanleitung und Demonstration präsentiert werden und ein Leistungskader des Vereins sämtliche Übungen vor der Kamera auch komplett ausführt. Das kommt gut an und Mitglieder aus anderen Vereinen haben sich dem YouTube-Kanal inzwischen angeschlossen. Wir sind aktuell bei Workout Nr. 15! Das hält auch mich fit

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